In Zeiten in denen in deutschen Stadien in Plastiksitzschalen gesessen, mit Check-Karten bezahlt und in adäquate Keramik uriniert wird, sorgt ein Buch über ein Stadion für Furore, das eine Epoche feiert, in der ganz andere Werte eine Rolle spielten. „Mein Parkstadion“ von Stefan Barta, das nun im neuen Fußball-Verlag „Ecke Tor“ erschienen ist, ist ein faszinierender Blick in eine Vergangenheit, als sich Schalke-Fans auf der unüberdachten Stehplatzkurve mit Shampoo-Pröbchen bei strömenden Regen während eines Spiels die Haare wuschen. Es schaut zurück auf ein Stadion, das man erst lieben lernte, als es den Baggern zum Opfer fiel. „Mein Parkstadion“ ist für mich das beste Fußballbuch des Jahres mit zahllosen traumhaften Bilderwelten, bestehend aus alten Spielplakaten, Eintrittskarten oder anderen Erinnerungen. Wir erinnern uns im Gespräch mit Stefan Barta an ein altes Stadion, das von einer viel zu lauten Arena abgelöst wurde und nun nur noch in der Erinnerung einiger Schalke-Fans lebt.
Das alte Parkstadion hatte ein breite Laufbahn, war größtenteils nicht überdacht und war oft nur gerade mal zu einem Drittel gefüllt. Warum hat es Dich trotzdem so fasziniert, dass Du ein Buch darüber geschrieben hast?
Puuuh, das ist eine Frage, die sich nicht in fünf Worten zusammen fassen lässt. Ich denke vor allem, dass das Parkstadion für den „alten Fußball“ steht. Für die 70er bis 90er Jahre, in denen der Fußball „erwachsen“ worden ist. War er vor dieser Epoche noch vor allem noch „nur“ Sport, etablierte sich zu dieser Zeit der Profifußball. Es war die Zeit ab der WM 1974, als immer mehr Menschen in die neuen Stadien in Deutschland strömten und ich als Kind die Liebe zu meinem FC Schalke 04 fand. Ich habe in diesem Stadion dann hunderte Spiele live miterlebt und fast 30 Jahre lang meine Samstage dort verbracht. Hier lernte ich einen Arbeitersport lieben, der damals noch für diese erschwinglich war, mit rauem Umgangston und Bier in Pappbechern. Verdammt ich Versuchs doch lieber in fünf Worten: Weil mein Herz dran hängt.
In Deutschland entstehen allerorts neue Stadien. Sogar Städte wie Augsburg bauen sich moderne aber seelenlose Paläste. Verlieren die Fans einen wichtigen Integrationsfaktor – der nicht mehr und nicht weniger als ihre Heimat darstellt?
Ich denke nicht, dass das unbedingt an der Architektur der Stadien liegt, sondern vielmehr an der gesamten Fußballkultur und Struktur drumherum. War der Fußball früher doch eher am Rande der Gesellschaft, so gilt es heute als chic und sexy sich ein Fußballspiel anzusehen. Die Eintrittskarten sind oft so teuer, das nur ein geringer Teil derjenigen Menschen die früher Fußballspiele besuchten, heute Zugang finden. Ein großer Teil der damaligen sogenannten Fans bleibt also außen vor. Die Szenen und die gesamte Veranstaltung haben sich einfach geändert. Doch sicher hat die heutige Fußball-Fan-Generation und alles beherrschende Szene der Ultras genauso einen Bezug zur Arena, wie ich damals zum Parkstadion. Nur meine Generation tut sich da ein wenig schwerer, was aber sicherlich nicht daran liegt, dass wir gerne wieder pitschnass werden möchten beim Fußball, sondern daran, dass sich der gesamte Fußball geändert hat. Heute ist es ein Event.
An welches Spiel im Parkstadion erinnerst Du Dich bis heute?
Hömma, ich erinnere mich an hunderte von Spielen, aber wenn du meinst an welches besonders, dann sicherlich an das Zweitliga 4:1 gegen Blau-Weiß 90 Berlin, als wir nach der 1:0 Führung der Berliner schon fast drittklassig waren. Da war es trotz 66000 Menschen so still im Parkstadion, dass du eine Stecknadel hättest fallen hören können. Hühnerpelle. Aber natürlich auch an das 6:6 gegen die Bayern oder das Tor von Gossens gegen Inter, als die Haupttribüne unter dem Jubel wackelte wie nen Plastikeimer und nachher Risse aufwies.
Wie hat sich für Dich das Erleben eines Spiels in der Arena verändert?
Mich hat mal bei einem Pilze-Liga-Spiel gegen Barcelona in der Arena eine Frau in Abendgarderobe gefragt, warum ich denn immer so laut singen müsse und außerdem muss ich heutzutage bei Toren immer meinen Bierbecher festhalten. Das gab es früher nicht. Und wenn früher mal ein Kind mit wollte, dann haste das am Ordner vorbeigeschoben und auf den Sitzbänken sind die Leute zusammengerückt. Versuch das mal heute.
Was hat Dir bei der Recherche zum Buch am meisten Spaß gemacht?
Toll war es immer den Geschichten, von den vielen Menschen denen ich vom meinem Buchprojekt erzählt habe, zuzuhören. Und das stöbern durch die Fotos des Stadtarchiv Gelsenkirchen war natürlich auch super spannend für mich.
Was sagst Du Deinem Sohn, wenn er Dich fragt, wie es früher bei Schalke war?
Auf Schalke, das ihr Aachener Printen das nie lernt. Es heißt AUF Schalke. 😉 Ich drücke ihm mein Buch in die Hand. Nein im ernst, er ist jetzt acht Jahre alt und ich glaube er weiß es schon und ich glaube er weiß bereits mehr über Klaus Fischer als über Kevin Kuranyi.
„Mein Parkstadion“
erschienen im Verlag „Ecke.Tor.“
Kostenpunkt 19,04 Euro und hier zu bestellen