Der zwölfte Mann

Als ich zum ersten Mal ein Heimspiel des FC Bayern besucht habe, war ich 13 und zu Gast war mit mir Klaus Schlappner. Der grüßte nach seinem Auswärtssieg frech mit seinem Hut von der Tartanbahn des Olympiastadions. Zeiten, die längst vorbei sind. Waldhof Mannheim spielt heute irgendwo in den Niederungen der Amateurklassen, Klaus Schlappner ist da, wo der Pfeffer wächst und eine Tartanbahn gibt es in München schon längst nicht mehr. Aber noch etwas hat sich verändert: Mitte der Achtziger gab es Bayern-Trikots nur bei Sport Münzinger am Marienplatz, nicht beim FC Bayern selbst und auch nicht irgendwo sonst in der Stadt. Ein astreines Monopol. Diese Konstellation bestimmte damals das Bild im Stadion. Kaum jemand lief in einem Trikot ins Stadion. Und wenn, dann eben mit einem bei Münzinger erworbenen Teil ohne Rückennummer und natürlich auch ohne einen Spielernamen. Am Sonntag war ich wieder beim FC Bayern zu Gast. Und die Zeiten haben sich geändert.

Bei einem Spiel des FC Bayern verlaufen sichungefähr 15.000 Riberys, 7.000 Tonis und immerhin noch 3.000 Scholls in der Allianz Arena. Es gibt rote, weiße und schwarze Bayern-Trikots in allen Größen. Das ist Merchandising und auch nicht weiter schlimm. Schlimm ist allerdings, wenn auf den Rückenteilen dieser Trikots die „12“ steht und sich die Träger in Sachen Namen austoben.

Da steht der „Jürgen“ neben dem „Artur“ und gleich daneben freut sich der „Manni“ – alle Rückennummer 12. Keine Ahnung, wer das wissen will oder soll. Im Grunde ist es aber auch egal. Denn viel schlimmer ist es, wenn nicht die echten Namen, sondern Spitznamen Rückennummer zieren. Wenn der „Humpen“ der Welt mitteilt, dass seine bayrischen Spezies ihn eben „Humpen“ rufen, weil er ordentlich ein paar Humpen wegdrücken kann. Warum der „Osse“ allerdings „Osse“ und der „Kiki“ „Kiki“ heißt, kann ich nicht erraten. Dagegen schon, warum der „Stecher“, „Stecher“ genannt wird. Ob er allerdings wirklich einer ist, bleibt fraglich. Die 140 Kilo und die Tatsache, dass es auf seinem Trikot steht, lassen mich zweifeln.

Der Gipfel ist das Alles aber nicht – wenigstens nicht am letzten Sonntag. Das war „Monikas Number One“. Eine Liebeserklärung auf dem Trikotrücken. Und zwar keine Liebeserklärung an die Liebste, sondern gleich sehr selbstbewußt die von ihr. Quälende Fragen bleiben offen: Hat tatsächlich sie ihm das beflockt? Hat er es selbst getan, weil er es glaubt? Wer ist Monika? Wer ist er?

Wo sind sie nur hin, die guten alten Zeiten? Als Sport Münzinger noch das Trikot-Monopol besaß. Als Rückennummern noch selbst genäht wurden und Namen auf Trikots so undenkbar waren, wie Waldhof Mannheim ohne Klaus Schlappner. Auf der anderen Seite: Was soll´s? Nichts bleibt so wie es war. Und die „12“, die trug Mitte der Achtziger der Ersatztorwart des FC Bayern. Und wie der hieß, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Da bin ich heute schlauer.

Diesen Text gibt´s übrigens auch unter www.footage-magazin.de

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